Flugverspätungen: Grundsatzurteil stärkt Verbraucherrechte

Die Zahl der Flugverspätungen steigt weiter an. Das ist natürlich ärgerlich für Flugreisende, die gerade bei Anschlussflügen lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Doch immerhin hat die Sache noch etwas Gutes: Ab drei Stunden Verspätung stehen den Reisenden Entschädigungszahlungen zu. Einem aktuellen Urteil des Europäischen Gerichtshofs zufolge in einigen Fällen auch dann, wenn Anschlussflüge außerhalb der EU stattfinden.

 

Probleme bei Flügen mit Zwischenlandungen

Passagiere, die Verspätungen in Kauf nehmen mussten, gingen bisher häufig leer aus, wenn der Anschlussflug außerhalb der EU lag. Bereits vor einigen Jahren klagte ein Fluggast in einem solchen Fall. Der Passagier hatte einen Flug von Stuttgart über Paris bis nach Helsinki gebucht. Von Stuttgart nach Paris lief auch alles planmäßig. Auf der Strecke von Paris nach Helsinki hatte das Flugzeug aber dann mehr als drei Stunden Verspätung. Gemäß des geltenden Europäischen Rechts (EU-Fluggastrechteverordnung) hatte er damit Anspruch auf eine Entschädigung. Die Frage war nun allerdings, ob diese Entschädigung auch gilt, wenn ein Teil des Fluges außerhalb von Europa stattfindet. Er seine Ansprüche also auch dann vor einem europäischen Gericht geltend machen kann.

 

Passagier klagt durch einige Instanzen

So einfach ist die Beantwortung dieser Frage nicht. Das zeigt sich unter anderem daran, dass der Fall vor dem Amtsgericht Nürtingen, dem Landgericht Stuttgart und letztlich sogar vor dem Bundesgerichtshof verhandelt wurde. Leider ohne abschließendes Ergebnis. Der Fluggast pochte auf seinen Entschädigungsanspruch, die zuständige Fluglinie wies den jedoch von sich. In dem konkreten Fall handelte es sich dabei um Finnair. Die Fluglinie übernahm die Teilstrecke von Paris nach Finnland für die Air France, bei der der Reisende ursprünglich gebucht hatte. Da der Geschäftssitz von Finnair außerhalb von Europa liegt, könne auch kein europäisches Gericht verantwortlich sein und somit auch kein EU-Recht gelten, so die Argumentation der Fluglinie.

Die Richter des BGH ließen zwar erkennen, dass sie dieser Argumentation nicht uneingeschränkt folgen, legten den Fall aber dem Europäischen Gerichtshof zu einer Entscheidung vor.

 

Europäischer Gerichtshof fällt Grundsatzurteil in anderem Fall

In der Zwischenzeit ist ein anderes Urteil ergangen, das auch unseren Air France Passagier freuen dürfte. Die Rede ist von der Rechtssache C-537/17. In diesem Fall klagte eine Frau, die mit einer marokkanischen Fluggesellschaft von Berlin über Casablanca nach Agadir (Marokko) fliegen wollte. In Casablanca verpasste sie allerdings ihren Anschlussflug, weil ihr ursprünglich gebuchter Platz an einen anderen Passagier vergeben worden war. Das Ergebnis: Vier Sunden Verspätung bei der endgültigen Ankunft in Marokko. Somit hatte die Frau nach EU-Recht Anspruch auf eine Entschädigung. Doch auch hier versuchte sich die Airline vor der Zahlung zu drücken. Der Flug von Casablanca nach Agadir sei ein Flug innerhalb Marokkos. Die Ansprüche nach EU-Recht könnten daher nicht geltend gemacht werden, so die Fluglinie.

Die Richter des Europäischen Gerichtshofs sahen das aber anders: Es handele sich zwar um verschiedene Flüge, nämlich zunächst von Berlin nach Casablanca und dann von Casablanca nach Agadir, trotzdem hatte die Passagierin die Flüge komplett, sozusagen als Gesamtpaket, gebucht. Somit habe die Passagierin sehr wohl einen Anspruch auf eine Entschädigung, da sie mit mehr als drei Stunden Verspätung am Zielflughafen landete.

 

EuGH stärkt Verbraucherrechte

Nach diesem Urteil dürfte es in Zukunft für Airlines schwieriger werden, Entschädigungsforderungen abzuweisen. Letztlich bestätigt der EuGH damit die Ansicht, dass es nicht die Schuld der Flugreisenden sein kann, wenn Airlines falsch planen oder Verspätungen haben.

Der Anspruch auf Entschädigung gilt in dem vorliegenden Fall sogar auch dann, wenn es nicht nur zu einer Zwischenlandung kommt, sondern dabei auch die Flugzeuge gewechselt werden. Ausschlaggebend ist der Flughafen des ursprünglichen Check-ins.